Jeanette Wolff (geborene Cohen) wurde als erste Tochter eines jüdischen Kaufmanns am 22. Juni 1888 in Bocholt geboren. Sie verlebte ihre Kindheit in Bocholt. Nach Abschluss der Volksschule begann sie 1904 eine Ausbildung zur Erzieherin in Brüssel. Dort fand sie zur Politik und trat 1905 der Sozialdemokratischen Partei bei.
Nach zwei schweren Schicksalsschlägen - dem Verlust ihrer ersten Tochter Margarieta und ihrem ersten Mann Philipp Fuldauer - vertiefte sie sich in ihre Arbeit als Erzieherin und bildete sich in Abendkursen weiter. Im Jahre 1911 heiratete sie den Kaufmann Hermann Wolff, mit dem sie drei Töchter bekam. Sie betrieben gemeinsam eine kleine Textilfabrik in Bocholt.
Jeanette Wolff setzte sich stark für das aktive und passive Wahlrecht von Frauen ein. Ihr großes politisches Engagement mündete in ihrer Wahl in den Vorstand der Sozialdemokraten für das westliche Westfalen und in die Stadtverordnetenversammlung von Bocholt.
Der soeben zur Macht gekommenen NSDAP war Jeanette Wolff als Jüdin und überzeugte Sozialdemokratin ein Dorn im Auge - bereits 1933 wurde sie in Schutzhaft genommen und für zwei Jahre inhaftiert.
Hermann Wolff wurde in der Reichsprogromnacht in das KZ Sachsenhausen verschleppt. Jeanette Wolff und ihren drei Töchtern wurde ein sogenanntes "Judenhaus" in Dortmund Mengede zugewiesen. Dieses Haus steht auch heute noch. An die geschichtliche Bedeutung erinnert uns ein "Stolperstein".
Im Januar 1942 wurde Jeanette Wolff mit ihren Töchtern zunächst in das Ghetto Riga deportiert, anschließend brachte man sie ins KZ Stutthof. Mit viel Disziplin erhielt sie im KZ ihren Lebenswillen. Von ihrer Familie überlebten nur sie und ihre Tochter Edith den Holocaust.
Kaum zurückgekehrt widmet sie sich verstärkt der Politik. Im Oktober 1946 wurde sie in die Berliner Stadtverordnetenversammlung gewählt. Von 1952 bis 1961 gehörte sie dem Deutschen Bundestag an.
(Quelle: Bernd Faulenbach (Hg.): Habt den Mut zu menschlichem Tun. Die Jüdin und Demokratin Jeanette Wolff in ihrer Zeit (1888 - 1976). Klartext Verlag, 2002.)